Physiologische Funktionen

 

 

Schallleitung: Impedanzanpassung

Schallwellen sind Dichteänderungen von Molekülen. Um Hören zu können, müssen Schallwellen aus der Luft in die mit Lymphflüssigkeit gefüllte Hörschnecke gelangen. Theoretisch würden beim Übergang zwischen Luft und Wasser 98% der Schallwellen reflektiert werden, da Wasser einen viel höheren Schallenwellenwiderstand (=Impedanz) hat. Um die Reflexionsverluste zu vermeiden, muss zwischen Außenwelt und Innenohr eine Impedanzanpassung erfolgen. Dies ist die Aufgabe des Mittelohres. Es sorgt dafür, dass der Schalldruck vom Trommelfell bis zum ovalen Fenster erhöht wird, um den Widerstand der Endolymphe zu überkommen. Die Druckerhöhung erfolgt hauptsächlich durch:

 

1. das Flächenverhältnis von Trommelfell zu Steigbügelfußplatte (85 mm² à 3,2 mm²)

2. die Längenverhältnisse der wirksamen Hebel der Ossikelkette

 

→   

 

Wichtig ist daher, dass das Mittelohr immer mit Luft gefüllt ist. Sobald es mit Flüssigkeit gefüllt ist, liegt die Luft/Wassergrenze vor dem Mittelohr (am Trommelfell) und der Effekt der Impedanzanpassung kann nicht wirken!

 


 

Tubenfunktion

Die Druckverhältnisse im Mittelohr sind ausschlaggebend für die Mittelohrfunktion. Über-oder Unterdruck führen zu einer Rigidität des Trommelfells, wodurch die Impedanzanpassung gestört wird. Für den Druckausgleich im Mittelohr ist die Tuba auditiva zuständig, die die Verbindung von Mittelohr zu Nasopharynx darstellt. Sie besteht aus Knorpel und ist im Normalzustand geschlossen. Kommt es zu einer Druckänderung im Mittelohr, öffnet sich die die Tube. Hierfür sind 3 Muskeln zuständig:

• Musculus tensor veli palatini: Er setzt am dünnen Ende des Verschlussknorpels an und wirkt der Eigenspannung des Knorpels entgegen.

• Musculus levator veli palatini: Er setzt unter dem Tubenknorpel an und drückt ihn nach oben.

• Musculus salpingopharyngeus: Er setzt am medialen dicken Tubenknorpel an und verhindert, dass der M. levator veli palatini die Tube zu weit nach oben drückt.

 


 

M. stapedius

Die Funktion des M. stapedius ist der Schutz des Innenohres vor zu hohen Schalldrücken (Lärm). Zusammen mit dem M. tensor tympani sorgt er für eine Impedanzerhöhung und damit einer Hemmung der Schallleitung. Er entspringt aus der Wand der Paukenhöhle und inseriert am Stapeshals. Seine Kontraktion bewirkt eine Verkantung der Stapesfußplatte in der Fenestra ovalis. Damit wird eine Abschwächung der Schwingungen im ovalen Fenster bewirkt. Zur Kontraktion kommt es über den Stapediusreflex, einen Fremdreflex, dessen Afferenz der N. cochlearis und Efferenz der N. facialis, bzw. dessen Abzweigung der N. stapedius ist. Der Reflex ist ab einer bestimmten Lautstärke auslösbar (=Stapediusreflexschwelle). Die Bestimmung dieser Schwelle gehört zur Impedanzaudiometrie und ist eine objektive Hörprüfung, da der Reflex nur ausgelöst wird, wenn tatsächlich etwas gehört wird. Zum Einsatz kommt sie z.B. intraoprativ während der Cochlear-Implant-OP. Außerdem kann mithilfe des Stapediusreflexes eine periphere Fazialisparese genauer lokalisiert werden.

 

 


 

M. tensor tympani

Der M. tensor tympani sorgt zusammen mit dem M. stapedius für den Schallschutz des Innenohres. Er entspringt am Knorpel der Tuba auditiva und inseriert am Hammergriff. Kommt es zu einer Kontraktion wird der Hammer nach medial gezogen und damit das Trommelfell stärker gespannt. Die Spannung sorgt für eine Rigidität des Trommefells und folglich zu einer Impedanzerhöhung. Innerviert wird der M. tensor tympani über den N. mandibularis (3. Trigeminusast).