Physiologische Funktionen

 

Stimmfunktion

Die Stimme wird durch drei Regulationseinheiten gebildet: Atmungsorgane, Stimmlippenschwingung, Vokaltrakt. Die Stimmlippenschwingung an sich ist ein rein passiver Vorgang, lediglich die Randbedingungen dafür können aktiv moduliert werden.

Atmungsorgane: Die Lunge wird durch die inspiratorische Atemmuskulatur mit Luft gefüllt. Durch das Schließen der Stimmlippen entsteht ein Druck unter den Stimmlippen (subglottischer Druck).

Stimmlippenschwingung: Übersteigt dieser subglottische Druck den Widerstand der Stimmlippen weichen diese auseinander und es fließt Luft über die Glottis. Durch diesen Luftfluss entstehen aerodynamische Kräfte, welche die Stimmlippen wiederum zum Schließen anregen (früher sog. Bernoullieffekt, welche aber wsh. nur für einen geringen Anteil der Kräfte verantwortlich ist). Des Weiteren führen myeloelastische Kräfte ebenfalls zu einem Schluss der Stimmlippen. Durch den Schluss der Stimmlippen kommt es zum Versiegen des Luftflusses mit konsekutivem Anstieg des subglottischen Drucks. Übersteigt dieser wiederum erneut den Widerstand der Stimmlippen wiederholt sich der Ablauf bis der subglottische Druck durch die Atmungsorgane nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Die Häufigkeit des Ablaufs pro Sekunde bestimmt die Grundfrequenz der Schwingung (Bei Männern ca. 100 Mal pro Sekunde = 100Hz, Bei Frauen 200 Mal pro Sekunde = 200 Hz). Die Unterteilung des Luftstroms über die Glottis erzeugt die primäre Stimmquelle (Grundfrequenz der Schwingung mit ganzzahligen Vielfachen als Obertönen), deren Druckwellen sich über den Vokaltrakt ausbreiten.

Vokaltrakt: Die primäre Stimmquelle wird durch den Vokaltrakt gefiltert. Dadurch entstehen verschiedene Vokale, unterschiedlicher Stimmklang (z.B. hell und dunkel) und Tragfähigkeit (wie gut ist die Stimme trotz Nebengeräusche hörbar).

Verschiedene Tonhöhen entstehen durch Modulation der Grundfrequenz, z.B. durch Längsspannung der Stimmlippen (M. cricothyroideus) oder Reduktion der schwingenden Masse (M. vocalis). Da Männer längere Stimmlippen als Frauen und Kinder haben, schwingen diese langsamer und damit ist der Ton tiefer. Verschiedene Laustärken entstehen durch Variation der subglottischen Drucks (je höher desto lauter), der Stimmlippenschwingung (je größer die Schwingungsamplitude und schneller und abrupter die Stimmlippen schließen, desto lauter) und der Resonanzeigenschaften des Vokaltraktes (Filterung der Frequenzen, die für unser Ohr besonders gut hörbar sind).  

 

 

 

 

Phonationsstellung Respirationsstellung    

 

Die Stimmlippenschwingung ist dabei an sich für das menschliche Auge zu schnell und daher unsichtbar. Lediglich der Einsatz technischer Hilfsfunktionen (Stroboskopie, highspeed Endoskopie) ermöglicht die Visualisierung der eigentlichen Schwingung.

 

 

 

Sphinkterfunktion und Schluckakt

Evolutionsbiologisch viel älter als die Stimmfunktion ist die Schluck- und Sphinkterfunktion des Larynx.

Der Schluckakt kann in 4 Phasen unterteilt werden:

1. orale Vorbereitung:  Nahrung wird zerkleinert und mit Speichel durchsetzt, „sensorische Analyse“ (Geschmack, Konsistenz, Form)


2. orale Phase: Formen eines Bolus, Platzierung auf hinterem Drittel der Zunge, Transport mit Wellenbewegungen der Zunge nach hinten


3. pharyngeale Phase:
• Auslösung des Schluckreflexes, sobald der Bolus den vorderen Gaumenbogen passiert
• velopharyngealer Verschluss: Gaumensegel hebt sich und verschließt Rachenraum nach oben
• Verschluss unterer Atemweg: Schluss der Stimmlippen und Taschenfalten, indirekte Epiglottisinversion durch Larynxelevation
• Druckerhöhung im Pharynx durch Zungenstempel und Kontraktion der Pharynxmuskulatur
• Bewegung des Kehlkopfes nach anterior → Öffnung oberer Ösophagussphinkter
• reflektorischer Atemstillstand für 0,3 sec.


4. ösphageale Phase: Kontraktion Pharynxmuskulatur + Zungenstempel à Druckerhöhung im Pharynx: Bolus wird in Ösophagus gepresst

 

Um bei Schluckbeschwerden und -störungen den Schluckakt bildlich darzustellen, kann ein Bariumbreischluck durchgeführt, oder der Schluckakt mithilfe der Videolaryngoskopie beobachtet werden.

 


Funktionsstörung der Larynxinnervation

Je nachdem, auf welcher Höhe und Seite sich eine Lähmung des N. vagus bzw. seiner Äste manifestiert, kommt es durch den Ausfall der Kehlkopfmuskulatur zu unterschiedlichen Störungsbildern. Es kann jedoch nicht von der Stimmlippenstellung auf die zugrundliegende Störung geschlossen werden, da hier viele Faktoren berücksichtige werden müssen (synergistische Reeinverationen und individuelle Konfiguration der

Grundsätzlich unterteilt werden können:

Einseitigen Paresen: Durch den fehlenden Stimmlippenschluss Hauptsymptom: Heiserkeit/ Stimmlosigkeit, keine Atemnot in Ruhe (durchaus jedoch bei Belastung und durch Luftverlust beim Sprechen)

Beidseitige Paresen: Je nach Stellung der Stimmlippen Atemnot in Ruhe mit inspiratorischem Atemgeräusch (Stridor), häufig nur leichtgradige Heiserkeit

Einteilung nach Ort der Schädigung:
• zentrale Vagusläsionen (Kerngebiet Ncl. ambiguus):

  • führt eher selten (20%) zu meist einseitigem, kontralateralem Stimmlippenstillstand

• hohe periphere Vagusläsionen:

  •  Ausfall aller Larynxmuskulatur (auch M. cricothyroideus) daher eher schlaffe Lähmung der Stimmlippe mit ausgeprägterer Heiserkeit, cave: auch Ausfall weiterer durch den Vagus vermittelter Funktionen (z.B. ipsilaterale Gaumsegelparese)

• Läsion des N. laryngeus recurrens:

  • Ausfall aller inneren Kehlkopfmuskeln auf betroffener Seite mit Stimmlippenstillstand ohne Verlust der Stimmlippenspannung, Heiserkeit daher meist geringer ausgeprägt als bei gleichzeitigem Funktionsverlust des M. cricothyroideus

• Läsion des N. laryngeus superior:

  •  Vollständig erhaltene respiratorische Beweglichkeit. Tonusverlust der Stimmlippe daher eher irreguläre Stimmlippenschwingung mit tiefer, rauer Sprechstimme, Verlust der Rufstimme und der Singstimme, Verschlucken durch fehlenden sensible Kontrolle  

 Median- bis Paramedianstellung der Stimmlippe, geringe Heiserkeit, rasche Stimmermüdung